Angst schüren vor unbekanntem Street View
Wenn die Wuppertaler Redaktion der Westdeutsche Zeitung (WZ) eines besonders gut kann, dann ist das: auf fahrende Züge aufspringen. Wenn im Sommerloch der Streit um die Veröffentlichung von Häusern und Bauwerken in Google Street View hochgebauscht wird, dann ist die WZ natürlich sofort mit dabei. Die Stadt schickt ja frei Haus entsprechende Pressemitteilungen. Umschreiben, ins Netz, fertig.
Ungeprüft, ohne eigene Recherchen und Hauptsache fix drin. Darüber hinaus bezieht man im überregionalen Teil auch deutlich Stellung gegen diesen Internet-Dienst. Wo bleibt da ein objektiver Bericht – über das Projekt, das Widerspruchsrecht und auch die möglichen Vorteile? Kein Wunder, dass die Deutschen bei so einer Presse dann in der Mehrheit gegen Street View zu sein scheinen. Der unbedarfte Internet-Nutzer aus Wuppertal (und auch nicht nur von hier) muss sich also selbst ein Bild machen, was ihn erwartet, wenn er nicht unbedingt nur auf die vorgeprägten Infos aus seiner Tageszeitung hören möchte.
Dass es etwa mit “_sightwalk” ein ähnliches Projekt in Deutschland bereits gibt, das zwar die Idee von Google aufgriff, aber eher in Deutschland – wenn auch nur in sieben Städten – am Markt war, bleibt da verborgen. Dass man auf den Fotos von Street View nicht Live-Bilder sieht, wie mancher vielleicht im Rahmen der Berichterstattung Angst haben mag, wird unter den Teppich gekehrt. Es sind einfach Fotos, die jeder Mensch auf der Straße ebenfalls machen könnte. Vielleicht aus einer etwas erhöhten Position aufgenommen, aber von öffentlichen Straßen aus. Wer nicht möchte, dass die Welt sein Haus betrachtet, der sollte es vielleicht verhüllen oder ganz abreißen lassen. Eine große Mauer bauen oder die Hecke einfach nicht mehr schneiden. Besonders intelligent ist es ja dann auch, sich gegen Street View auszusprechen, sich aber vor seinem Haus fotografieren zu lassen. Propaganda der Medien wirkt halt…
Und wie twitterte Mario Sixtus so recht: “Wãre ich Einbrecher, ich nãhme mir erstmal die bei #streetview verpixelten Hãuser vor. Da ist bestimmt was zu holen.” Für die “Recherche” braucht man ja nicht unbedingt das Internet und das böse Google. Da kann man auch einfach vor Ort ein wenig “gucken gehen”. Wie in den “guten alten Zeiten”…
Screenshot: www.google.de/streetview
Kommentare
Diesen Beitrag kommentieren:
Sehr schöner Artikel. Interessant aber, dass es zum Thema Netzneutralität eine gute Berichterstattung gab, aber eben die fehlt jetzt. Schade.
Und die Gegner präsentieren sich gerne mal vor der Kamera im Fernsehen. Vor Millionen Zuschauern. Sehr sinnvoll von dererlei “Analog-Menschen”.
Hatte in dieser Woche ein gespräch mit einem älteren Herrn, der von mir unbedingt die Adresse haben wollte, wo man Widerspruch einlegen kann. Wir hatten eine etwas längere Diskussion, aber er blieb beharrlich auf seinem Standpunkt, dass das nicht gut sei, wenn jeder sein Haus sehen könnte. Seine Begründung: “Was in den Medien gesagt wird, darauf sollte man hören.” Es steht natürlich jedem frei, sein Haus unkenntlich machen zu lassen. Aber es ist schade, dass die Propaganda der gegen Google kämpfenden Verlage so gut geklappt hat.
[…] werden etwa auch durch die vom lokalen Medium sehr einseitig unterstützte Diskussion um Google Street View nicht gerade abgebaut. Die Vorteile, die das Internet in Verbindung mit dem “realen” […]
[…] “Mobbing im Internet: Drei junge Wuppertaler erzählen” wird zwar zum wiederholten Male das Netz als “böse” dargestellt, Aufhänger dafür ist aber eine […]
[…] auch in Wuppertal nach der Panikmache im Sommerloch 2010 viele Hausbesitzer und Anwohner davon Gebrauch machten und ihr Haus im Vorfeld des Starts von […]